Karl Schlögel: Europas Zukunft im Ukraine-Krieg und die Normalität der Barbarei

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Der renommierte Historiker Karl Schlögel rückt mit seinen Analysen des Ukraine-Krieges in den Fokus. Seine Beobachtungen, veröffentlicht in Interviews und Beiträgen, bieten tiefe Einblicke in die komplexen Zusammenhänge zwischen Krieg, Gesellschaft und Geschichte.

Mariupol als Menetekel Europas

Schlögel sieht in der Zerstörung Mariupols, der ukrainischen Hafenstadt am Asowschen Meer, ein erschreckendes Vorzeichen für die Zukunft Europas. Die Stadt, einst kaum bekannt, ist nun Schauplatz eines brutalen militärischen Endspiels, das die Verwundbarkeit und die potenziellen Konsequenzen des Krieges verdeutlicht.

Die Gleichzeitigkeit von Normalität und Barbarei

Ein zentrales Thema in Schlögels Analyse ist die irritierende Gleichzeitigkeit von Normalität und Barbarei. Er beschreibt, wie in Moskau trotz des Krieges ein scheinbar geordnetes Leben weitergeht: volle Restaurants, Staus auf den Straßen, Theateraufführungen. Diese Beobachtung wirft die Frage auf, wie eine Gesellschaft eine solche Diskrepanz verkraften kann.

Schlögel zieht eine Parallele zum 1. September 1939, als in Berlin die Cafés am Kurfürstendamm gefüllt waren und gleichzeitig die Panzer über die Grenzen rollten. Diese historische Analogie verdeutlicht, dass die Gleichzeitigkeit von Normalität und Barbarei kein neues Phänomen ist, sondern ein erschreckendes Muster der Geschichte.

Kritik an Schlögels Geschichtsschreibung

Schlögels Ansatz der Geschichtsschreibung, der das Nicht-Absichtsvolle und das Sich-treiben-lassen betont, wird von einigen Kollegen kritisiert. Sie sehen darin eher Literatur als Geschichtsschreibung und werfen ihm Unschärfe oder gar Fiktion vor. Trotz dieser Kritik bleibt Schlögel bei seiner Herangehensweise, die ihm ermöglicht, die komplexen Zusammenhänge der Geschichte aufzudecken.

Friedenspreis für geistige Kriegstüchtigkeit

Die Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels an Karl Schlögel im Oktober in Frankfurt am Main wird von einigen als Auszeichnung für geistige Kriegstüchtigkeit interpretiert. Dies unterstreicht die Bedeutung von Schlögels Analysen für das Verständnis der aktuellen geopolitischen Lage und die Notwendigkeit, sich kritisch mit den Ursachen und Konsequenzen von Kriegen auseinanderzusetzen.

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